Andreas Steiner

Arzt, Schriftsteller, Philosoph

1980 – 1984: Director Hospital Andino in Coina, Alto Chicama, Peru

In der Schweiz vertrat ich kurzfristig meinen früheren Chef Robert Blass im Krankenhaus Wald. Eines Tages rief mich ein Rechtsanwalt aus Frankfurt an; er hatte meinen Namen von der Vorsteherin des Albert Schweitzer Archivs erhalten. Der Rechtsanwalt bot mir die Leitung eines Krankenhauses in den peruanischen Anden an, das sein verstorbener Schwager gegründet und gebaut hatte. Das Krankenhaus lag auf 2000 m ü. M., oberhalb des Dorfes Coina im Alto Chicama, östlich der Stadt Trujillo. Seit dem Tode des Schwagers war es heruntergekommen, es musste neu ausgerüstet werden. Vom Rechtsanwalt erhielt ich DM 150‘000 und von einem Schweizer Pfarrer CHF 20‘000 für die Ausrüstung. Für diese Beträge suchte ich alles zusammen, was es für den Spitalbetrieb brauchte, inklusive des Generators für die Elektrizität, des Röntgenapparats, der kompletten Operationssaalausrüstung und der Medikamente für sechs Monate. Während das Schiff mit acht Tonnen Material von Bremen nach Chimbote unterwegs war, bemühte ich mich in Lima um die zollfreie Einführung. Dank der Hilfe einer Nichte des damaligen Staatspräsidenten Belaunde konnte ich das Dokument mit einundzwanzig Unterschriften bei der Ankunft der Ware dem Zoll vorlegen. Wir mussten keinen Sol Zoll bezahlen! 

Blick vom Hospital ins Tal des Alto Chicama

Das Bettengebäude des Hospitals

Morgenrapport mit dem Personal

Mütter warten mit ihren Kindern vor einer Gesundheitsstation

Das Projekt in den Anden war abermals eine Herausforderung für mich, der ich mich mit Freude und Enthusiasmus stellte. Das Hospital war aus Adoben gebaut. Ich hatte mehrere Freiwillige aus Europa, die mir beim Aufbau und Betrieb halfen. Ich stellte peruanische Schwestern, Pfleger und Hilfspersonal ein. Ich bildete peruanische Ärzte in Chirurgie aus. Mit Geld der deutschen Lions Clubs konstruierten wir einen neuen Operationssaal. Über ‚Promotores de Salud‘ dehnten wir die Gesundheitsversorgung in die umliegenden Dörfer aus. Die Patienten strömten von weither: aus Trujillo, Piura, Cajamarca, aus der Selva. Mit den Peruanern arbeitete ich gerne zusammen. Doch zu Beginn des Jahres 1984, etwa drei Jahre nach Bestehen des Projektes, erhielt ich von der maoistischen Organisation „Leuchtender Pfad“ ein Schreiben mit Todesdrohung. Ich fragte die deutsche und schweizerische Botschaft um Rat. Auf deren Druck mussten alle Ausländer das Projekt sofort verlassen. Es war ein trauriger Augenblick! Der ‚Sendero Luminoso‘ zeigte sich nie. Ich schwor mir, in Zukunft nie mehr eine Botschaft um Rat zu fragen, wenn es in einem Land, in dem ich arbeitete, gefährlich werden sollte, sondern selber zu entscheiden! Dieser weise Rat hat sich ein Jahr später in Zaire bewährt. Auch dort war es eine Zeitlang gefährlich: mein Ausharren hat das Projekt getettet.